Singulär in einer Welt der Kopien
Die Krise des Allgemeinen
Wir erleben es täglich. Die Menschen kuratieren ihren Job, ihre Familie, die Freizeit, sie optimieren das ganze Leben. Jedes Element kann ausgewählt, individualisiert und besonders gemacht werden. Das Kuratieren des Besonderen ist Lifestyle geworden – Kultur eben.
Das war mal anders. In den 70iger und 80iger Jahren des vorherigen Jahrhunderts galt es als strebsam, etwas Gleiches wie die anderen zu haben: das gleiche Auto, das gleiche Haus, die gleiche Kleidung und es gab das lineare TV-Programm. Die montäglichen Gespräche über die zurückliegende „Wetten, dass“ – Show, lassen dieses Flair der Zeit wohl nochmal nachfühlen, als es noch eine gemeinsame Wirklichkeit gab.
Aber das ist vorbei. Wer es in seiner Wertebasis festhalten will, der fühlt sich bald abgehängt, überrundet und verloren. Die Welt ist schnell geworden und lechzt nach einem stetigen Nachschub an Unikaten. Das Ziel der Vielen ist das individuelle Selbstverwirklichen. Das momentane Zelebrieren eines Lifestyles, einer kurzweiligen Einstellung, eines gerade neuen Erlebens. Der über Tinder gefundene Lebensabschnittsgefährte symbolisiert den Wandel wohl am anschaulichsten, er ist ein Spiel auf Zeit und immer im Wechsel begriffen.
Was bedeutet nun die Suche nach dem Singulären für Sie, Ihre Marken und Geschäftsmodelle?
Personal Branding als Karrierebooster
Lediglich ein stringenter Lebenslauf mit Berufserfahrung und 0815-Profilbild schafft es auf LinkedIn nicht mal mehr ins Mittelfeld, geschweige denn in die Pole Position der Aufmerksamkeit. Wer sichtbar werden möchte für Kunden und Auftraggeber, der muss auf der Plattform aktiv sein, sich in Dialoge einbringen und immer wieder seine Kompetenz beweisen. Wer mit seiner Kommunikation Aufmerksamkeit erregt, wird vom Algorithmus belohnt. Was das Kuratieren von Content und das Erstellen hochwertiger Inhalte zu einer stetigen Suche nach dem Besonderem macht. Sobald die Inhalte, Meinungen und Haltung austauschbar werden, muss sich neu definiert werden. Ein kommunikativer Marathon, aufgeteilt in tägliche kurze Sprints.
Produktindividualisierung und D2C
Das Kaufhaus mit einer geringen Auswahl an Standardprodukten hat ausgedient. Es floriert der schnelle Onlinehandel. Neben dem Branchenriesen Amazon mit seiner Übermacht an Produktvielfalt und Servicequalität gelingt es immer mehr auf Individualität spezialisierten Onlineshops, sich in den Fokus der Kunden zu spielen. Das Geheimnis der individuellen Vielfalt liegt dabei häufig in klug entwickelten digitalen Prozessen, die den personellen Aufwand geringhalten. Der wichtige Beschleuniger im Onlinegeschäft ist der direkte Kundenkontakt und die damit einhergehende Chance, neue Produktideen direkt zu testen und mit dem Feedback final zu entwickeln. Ein Vorgehen, welches wir bei unserem Projekt www.bloxbox.de in täglichen Schleifen absolvieren.
Das Vermessen der Persönlichkeit
Im Schuhgeschäft kennt jeder seine Größe – eine klare Sache. Dieser Wunsch, für vieles einen Wert zu finden, macht auch vor unserem Unbewussten nicht halt. „Mit einem Dutzend getätigter Likes auf Facebook weiß der dahinterstehende Meta Konzern wie du tickst, mit 100 Likes kennt er dich besser als dein Partner.“[1] Eine Schlagzeile, die vor Jahren Aufsehen erregte, triggerte zugleich den Wunsch vieler Menschen, sich selbst zu erforschen. Das Interesse an Persönlichkeitstests steigt sprunghaft an, vielleicht steht ja das Ziel dahinter, die eigene Besonderheit in Zahlen zu manifestieren. Der Benefit für Facebook liegt aber eindeutig darin, seinen Werbekunden individuelle Leads zu liefern. Das perfekte Match von Kunde und Produkt.
Der Gipfel des Besonderen wird das Metaverse
Wer mit dem Smartphone und einer vernetzten Welt groß geworden ist, verbringt in seiner Freizeit täglich ca. 5,5 Stunden online. Dieser Generation sind virtuelle Welten weit vertrauter als die reale. Was zu manchen Missverständnissen beim Einstieg ins Berufsleben führt, erleichtert aber definitiv den Sprung ins Metaverse. Eine Welt aus Virtual- und Augmented Reality Inhalten, die in allen Winkeln gestaltet werden kann. Was wir heute in Videomeetings erleben, wird in wenigen Jahren, mit der Symbiose des realen Selbst und der Welt und Identität des virtuellen Avatars, eine ganz andere Intensität entwickeln. Wie diese Welt aussehen kann, hat der Regisseur Keiichi Matsuda in seinem Kurzfilm Hyper-Reality[2] bereits 2016 eindrucksvoll skizziert und eine vollkommen persönlich-individualisiert Welt geschaffen – die Singularität in Reinform.
Fazit:
Eine Ansprache für die Masse findet kaum noch Gehör, da sich jeder in seiner individuellen Blase befindet. Wer als Sender gehört werden möchte ob für seine Produkte, Dienstleistungen oder z. B. im Prozess des Recruitings, sollte die Welten und Tonalitäten seiner gewünschten Empfänger kennen.
[1] https://www.wiwo.de/technologie/digitale-welt/studie-facebook-kennt-uns-besser-als-unsere-familie/11222614.html
[2] https://www.youtube.com/watch?v=YJg02ivYzSs