Die Weiterbildung der in einem Unternehmen arbeitenden Menschen – bisher überwiegend auf Wissenserwerb ausgerichtet – wird immer stärker von der Notwendigkeit bestimmt, Kompetenzen für neue oder sich wandelnde Aufgabenfelder und veränderte Betriebsabläufe zu gewinnen.
In Unternehmen aller Branchen entsteht schnell wachsender Bedarf an neuen Kompetenzen. Als notwendig erkannte Systeminnovation fordert in schneller werdender Folge ein verändertes Denken und Handeln. Bisher ungewohnte Erfordernisse wirksamer Zusammenarbeit und Leistungsabstimmung entstehen und neue oder veränderte Software revolutioniert die bisher gewohnten Abläufe.
Auf Systeminnovationen aber sind die meisten der Mitarbeitenden nicht wirklich vorbereitet. Die in Organisationen ‚oben‘ beschlossenen neuen Instrumente oder Verfahren gelangen mehr oder weniger (im wahren Sinne des Wortes) unvermittelt an die Arbeitsplätze, stimulieren Abwehrreflexe und Vermeidungshaltungen und erfordern unverhältnismäßig viel Aufwand, bis sie akzeptiert werden und – noch später – neue Kompetenz entstehen lassen.
Das Zustandekommen von operativer Exzellenz sieht anders aus. Aber wie?
Eine neue Lösung
Ein durchdachtes und auch seinerseits innovatives Verfahren, eine betriebliche ‚Umsetzungs-Simulationskonferenz‚, kurz USK, kann hier Abhilfe schaffen.
Die Konferenz wird unmittelbar nach der Entscheidung für eine komplexe Systeminnovation für alle direkt davon betroffenen Funktionen einberufen und dauert maximal einen Tag. Nach dem Prinzip des ‚Pre-execution learning‘, also des Lernens und Verstehens vor der Umsetzungsaufgabe, soll und kann der Boden entstehen für spätere operative Exzellenz.
Die Bezeichnung ‚Konferenz‘ ist zutreffend, es handelt sich nicht um einen Workshop oder eine Lehrveranstaltung. Ein Training findet nicht statt. Gleichberechtigte Betroffene sollen die neue, ungewohnte Thematik erläutert erhalten, gemeinsam verstehen und gemeinsam reflektieren. Dabei erfahren sie, was das Neue für jeden einzelnen Anwesenden an Aufgaben stellt, wie sie gelöst werden, aber auch, was für jeden Einzelnen an Mitwirkungsmöglichkeiten darin enthalten sind.
Nur die Einhaltung der besonderen Inhaltsstruktur der Veranstaltung ist zwingend vorgegeben, ein erwartetes Ergebnis gibt es nicht. Es geht primär um Verständnis und Motivation. Um ein ‚Ja‘ zur Innovation und um die Erkenntnis der Notwendigkeiten und Chancen, die sie mit sich bringt – um all die Dinge also, welche die ‚mentale Komfortzone‘ von Mitarbeitenden negativ berühren können, wenn sie nicht darauf vorbereitet werden.
Die Kombination von Information mit gemeinsamer Reflexion bildet den permanenten Hintergrund der Konferenz.
Nichtsdestotrotz ist die Reihenfolge der behandelten Teilthemen der Innovationsrealisierung strikt am konkreten Wissensbedarf der einzelnen Teilnehmenden orientiert. Ihre Struktur folgt diesem 6-stufigen ‚Wissens-Katarakt‚:
Keine Frage darf unbeantwortet bleiben. Dem Erkenntnis- und Erfahrungsaustausch (Erka, Erfa) der Teilnehmenden untereinander wird so viel Raum wie möglich gegeben.
Die Konferenz gibt sich folgende Regeln:
- Fakten sind überzeugender als Meinungen
- Erkenntnisse sind wichtiger als Erfahrungen
- Fragen sind hilfreicher als Behauptungen
Weiterbildung ist nicht das erklärte Ziel der ‚Umsetzungs-Simulationskonferenz‘, aber sie findet statt! Der Wissenszuwachs beim Einzelnen ergibt sich vor allem aus der Logik des ‚Wissens-Katarakts‘, der die Umsetzung der Innovation vorvollzieht und das zukünftige Tun des Einzelnen vorwegnehmend und praxisgerecht im Bewusstsein positioniert und im ‚großen Bild‘ der gesamten Systeminnovation zurückspiegelt.
Der erste Schritt zu zukünftiger operativer Exzellenz ist mit dieser Konferenz getan. Die nachfolgenden Schritte werden eindeutig erleichtert, weil sie auf einem Grundverständnis aufbauen können und schon gemeinsam ‚vorgedacht‘ werden konnten.
Das dabei erworbene, unerlässliche Basiswissen für zukünftige Handlungskompetenz im Innovationsfeld erfüllt eine alte berufspädagogische Forderung: Es macht Betroffene schon frühzeitig zu Beteiligten.
Vorbereitungs-Erfordernisse
Der Entwickler bzw. Anbieter der Systeminnovation muss vorbereitend aufgefordert werden, die betrieblichen Erfordernisse der Innovation inhaltlich den 6 Stufen des ‚Wissens-Katarakts‘ zuzuordnen, wenn diese Aufgabe nicht von den Fachverantwortlichen im Unternehmen selbst geleistet werden kann. Auch die Abstimmung dieser Inhalte mit dem Konferenzleiter ist unerlässlich.
Auf die Auswahl eines fachlich neutralen Konferenzleiters darf nicht verzichtet werden. Berater oder Trainer können unschwer in die Aufgabe eingewiesen werden. Es muss vor allem sichergestellt sein, dass die Konferenz weder ein Fach-Palaver noch Selbstdarstellungen Einzelner zulässt.
Entscheidend für den Erfolg aber wird die Überzeugung der Unternehmensführung sein, dass Verhaltensinnovationen zwar verordnet werden können, aber verstanden und bejaht werden müssen.
Über den Autor
Hansjürgen Schubert
Hansjürgen Schubert, geboren 1923, war von 1940 bis 1946 im Kriegsdienst bei der Marine im Ärmelkanal, im nördlichen Mittelmeer und war in englischer Gefangenschaft in Norditalien. In Hamburg sammelte er erste Beruferfahrung als Korrespondent der britischen Nachrichtenagentur Reuters, die ihn in die Viermächtestadt Berlin versetzte, wo er den Kalten Krieg, die Blockade, die Luftbrücke und die Gründung der DDR berichterstattend miterlebte.
Es folgten 2 Jahre als Dramaturg für Dokumentarfilme bei der amerikanischen Militärregierung, die ihn mit dem US-Unternehmertyp und den ersten Management-und Marketingerfahrungen aus den USA bekanntmachten. Nebenberuflich leitete er damals die erste deutsche
staatliche Ausbildungsstätte für PR-Lehre von 1951-1955.
Als einer der ersten PR-Berater in Deutschland und frühes Mitglied der American Management Association konnte er nur durch Vorträge und Seminare zu Honoraren gelangen.
In den 50er Jahren wurde er im neuen Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) aufgenommen. Er gründete die Gesellschaft für Betriebliche Weiterbildung und berichtete bis 1969 in dem ersten deutschen Management-Newsletter UNTERNEHMEN IM WETTBEWERB über modernes Management und Markeing. Es folgten viele Reisejahre als Vortragender in Deutschland, Österreich, Schweiz, Schweden und England.