Tod eines Handlungsreisenden? Lang lebe der persönliche Verkauf!

Das bekannte Drama Arthur Millers aus dem Jahre 1949 beschreibt, wie der Verkäufer William Loman den Schein einer erfolgreichen Vertriebsposition aufrechterhält, obwohl er seinen Job bereits verloren hat. „Tod eines Handlungsreisenden“ oder im Original „Death of a Salesman“ steht damit auch heute noch für gravierende Veränderungen im persönlichen Verkauf. Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man in der Praxis immer noch viele William Lomans, die ihrem Schicksal verklärt und tatenlos entgegensehen. Man findet auch viele Unternehmen, die immer noch an diesem Rollenmodel ohne Zukunft festhalten. Dabei sieht die Zukunft des persönlichen Verkaufs unter bestimmten Voraussetzungen sehr positiv aus. Ich möchte aber auch nicht verschweigen, dass nach meiner Einschätzung viele Verkäuferinnen und Verkäufer diese Zukunft schlicht verpassen werden. Man sollte sich auf die Reise begeben – und das ist die elegante Verbindung zum Thema „Voyage“ dieses Magazins –, um die Rolle auszufüllen, die echte Mehrwerte für Kunden stiftet. Einige Akzente, vor allem für das B2B-Geschäft, beschreibe ich im Folgenden.

Welche Themen treiben die Veränderungen? Aus meiner Sicht sind die folgenden vier Aspekte entscheidend:

  1. Technologie: E-Commerce und die globale Transparenz selbst komplexerer Produkte und Dienstleistungen durch das Internet machen es einfacher und manchmal auch effizienter, online zu kaufen oder sich zumindest über eine gute Strecke des Kaufprozesses selbst zu informieren.
  2. Kaufverhalten: Immer mehr Einkäufer und Entscheider umgehen den persönlichen Verkauf bewusst. Er ist ihnen unangenehm und stiftet aus ihrer Sicht keinen Wert. Immer wenn dies der Fall ist, sollte man sich dem Kundenerlebnis widmen. Kunden entscheiden sich in aller Regel nicht gegen den persönlichen Verkauf, sondern für das bessere Erlebnis in ihrem Kaufprozess. Daher rückt die Customer Experience aktuell zu Recht in den Fokus vieler Unternehmen.
  3. Veränderter Fokus im Verkauf: Es geht nicht mehr um das Verkaufen selbst, sondern um den Erfolg des Kunden in seinem Geschäft. Damit werden die Produktkenntnisse des Verkaufs nicht mehr entscheidend, sondern zu einem Hygienefaktor. Entscheidend ist die Übersetzung des Nutzens für den Kunden, idealerweise in Kundenerfolg.
  4. Informationsüberlastung: Das Internet und das massive Angebot an Wissen ist Fluch und Segen zugleich. Kunden können sich selbst fachlich fit machen, verzweifeln aber häufig zugleich an der Komplexität. Und zwar auch in Pitch-Situationen mit vergleichbaren Angeboten. Wer hier vertrauensvoll den Entscheidungsprozess unterstützen kann, ist nicht nur gerne gesehen, sondern fast unersetzbar.

Wie verändern sich vor diesem Hintergrund die Anforderungen an erfolgreiche Menschen im Verkauf? Ich unterscheide zwischen Basis, Differenzierung und Exzellenz. Die Basis bilden Fachkenntnisse, also Kenntnisse der eigenen Leistungen und der allgemeinen Argumente für Kunden, sowie souveräne Kompetenzen in der Handhabung der Tools, zum Beispiel des CRM-Systems. Auch die grundsätzlichen Fähigkeiten zum Beziehungsaufbau und zu einer guten Kommunikation gehören dazu. Klingt simpel, aber schon hier zeigt sich in den meisten Situationen ein umfangreiches Kompetenzprofil, das nicht leicht zu erfüllen ist. Allein die Basis-Anforderungen sind heute und zukünftig sehr hoch.

Differenzierungsfaktoren machen einen Unterschied zum Mitbewerber. Sie basieren auf der sehr guten Kenntnis des Geschäftsmodells der Kunden. Die Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb erfolgt über die Fähigkeit, den Erfolg des Kunden vorab zu erklären und später auch real zu beeinflussen. Technischer Vertrieb wird damit immer mehr zum betriebswirtschaftlichen Vertrieb (auf Basis technischer Lösungen natürlich). Hier sind Kompetenzen hilfreich, wie man sie aus der Unternehmensberatung kennt: Analytik und die Fähigkeit, daraus echte Lösungen für Kunden zu kreieren.

Exzellente Leistungen werden dann sichtbar, wenn der Vertrieb den Kunden herausfordert, was unter dem Titel „Challenger Sales“ bekannt geworden ist. Allerdings regen diese Herausforderungen durch den Vertrieb den Kunden zwar zum Nachdenken an, sorgen aber noch nicht automatisch für das Entstehen von Klarheit und das Erkennen guter Lösungen. Auch das gehört zu den Aufgaben exzellenter Vertrieblerinnen und Vertriebler: das gemeinsame Erarbeiten echter Lösungen für Kunden. Die oben erwähnte Informationsüberlastung spielt hier eine große Rolle. Exzellente Vertriebler sind also Challenger und Sparringspartner bei der Implementierung und Umsetzung. Dazu genießen Sie das Vertrauen der Kunden. Man wird sie zukünftig am ehesten in der Rolle von Key-Account-Managern und Account-Managern finden und selten oder gar nicht mehr als klassische Vertriebler oder gar Außendienstmitarbeiter.

Bei alledem darf nicht vergessen werden: Verkaufen heißt Abschließen. Nicht nur, aber eben auch. Oder anders ausgedrückt: Tolle Basis-, Differenzierungs- und Exzellenzkompetenzen nutzen nichts, wenn dabei keine Deals geschlossen werden. Oberstes Ziel bleibt also die Abschlussmission, und zwar die, die einen echten Wert für den Kunden darstellt.

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