Katja Müller: Humor macht im positiven Sinne unberechenbar

Interview mit Katja Müller, Vertriebsdirektorin der Sparkassen-Versicherung Sachsen. Im Club 55 vertritt sie die Sparkassen-Versicherung Sachsen als Gönner seit 2019.

Club 55: Du nennst dich selbst die Außenministerin der Sparkassen-Versicherung Sachsen. Du bist Vertriebsdirektorin und verantwortlich für den operativen Versicherungsvertrieb der sächsischen Sparkassen sowie die eigenen Agenturen mit rund 350 Mitarbeitern. Wann hattest du das erste Mal Lust darauf, eine Führungskraft zu sein?

 

Katja Müller „Wann hatte ich Spaß daran?“ und „Wann fand ich mich dafür geeignet?“ sind nicht deckungsgleich mit dem Termin, an dem ich Führungskraft geworden bin. Ich werde jetzt 38, also ist das 13 Jahre her. Mein damaliger Chef hat zu diesem Zeitpunkt etwas in mir gesehen, das ich selbst nicht gesehen habe. Er hat mich im Prinzip überzeugt, meine erste Führungsstelle mit Mitte 20 zu übernehmen. Das hätte ich zu diesem Zeitpunkt niemals selbst angestrebt. Das hatte er wohl gemerkt und mich in dieser Zeit sehr unterstützt. Damals habe ich mein erstes kleines Team mit acht Leuten übernommen. Sie waren alle so alt wie ich. Das war eine der härtesten Lernstrecken als junge Führungskraft. Doch ich habe da einiges mitgenommen. Mit der Freude am Führen hat es dann noch mal etwa zwei Jahre gedauert. Heute bin ich verheiratet, habe ein Kind, über zehn Jahre Führungserfahrung und etwas Lebensreife. Ich bin unglaublich gern in der Führung. Menschen anzuleiten, mich für sie einzusetzen und ihnen zu dienen, ist für mich eine wunderbare Aufgabe.

 

Club 55: Wir sind ein Club von Experten, die mit viel Humor und Lust an der Bühne ausgestattet sind, ich nenne es mal liebevoll „Rampensau-Gen“. Inwiefern ist das in deinem Alltag als Führungskraft wichtig?

 

Katja Müller Ich bin als Frau in einer relativ branchenuntypischen Position tätig. Verantwortliche Vertriebsdirektorinnen im Versicherungsvertrieb, die unter vierzig sind, gibt es relativ wenige. Ich würde behaupten, dass die Tatsache, dass ich mit Humor ausgestattet bin, auch damit zu tun hat, wo ich heute beruflich stehe. Für mich ist Humor – ich spreche auch gern von einer charmanten Schlagfertigkeit – gepaart mit der Fähigkeit, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, ein Kraftpaket, das sich sehr gut mit Führung verträgt. Damit kann ich viele ernste Situationen im Berufsleben entspannen. Ich kann Türen damit bewusst einen Spalt offenlassen, auch wenn jemand mich dazu bringen will, sie zu schließen. Das gilt gerade in einem Beruf, in dem man viel mit Männern zu tun hat und sich ein stückweit behaupten muss. Man bekommt ein bisschen Variabilität, wie man reagiert. Man wird etwas unberechenbarer – im positiven Sinne, also nicht manipulativ, sondern humorig eben. Und das kann man ganz bewusst einsetzen. Insbesondere bei wichtigen Terminen überlege ich mir sehr genau: Wie schafft man einen guten Start, auch in neue Geschäftsbeziehungen?

Eine Form von Humor hat mich über die letzten Jahre positiv begleitet: der Humor, bei dem ich mich selbst nicht ganz so ernst nehme. Wenn man einen ziemlich hohen Anspruch an sich und seine Arbeit hat, dann nervt das Mitarbeiter oft. Wenn man sich selbst nicht ganz so ernst nimmt, auch mal Schwächen zugibt und das ein bisschen witzig verpackt, dann kommt das gut an. Es muss in der richtigen Dosis sein, man darf sich nicht dauerhaft klein machen. Aber man sollte einfach ehrlich und nuanciert sein und sich selbst nicht ganz so wichtig nehmen. Ich habe das Gefühl, da steckt die Botschaft drin: „Sie ist doch nicht so perfekt. Das ist gut für mich, denn sie braucht mich.“

Club 55: Was wird sich im Vertrieb in den nächsten Jahren noch verändern? Welche Anforderungen stellt eine Organisation wie deine an Vertriebs- und Marketingexperten wie uns?

Katja Müller Vertrieb ist im Hauptgeschäft Kommunikation und dabei hat man verstärkt persönlichen Umgang und Kontakt mit Menschen. Insgesamt nehme ich die Branche inzwischen etwas lockerer wahr. In den nächsten Jahren wird es noch wichtiger, seine Persönlichkeit mit der Expertise zu verbinden. Man muss seine Menschlichkeit mitbringen. Ich bin nicht mit jedem befreundet, daran habe ich auch kein Interesse. Aber grundsätzlich darf ich mich mitbringen und muss nicht meine Persönlichkeit splitten, also zu Hause bin ich so und im Beruf bin ich völlig anders. Das wird noch relevanter in der Zukunft von Fachkräftesuche und der agilen Anforderung an die Gesamtorganisation.

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