Makkaroni, Melonen, musikalische Kehlen und eine kommode Religion!

Ein Pamphlet für Unternehmer und Führungskräfte, die wissen, dass Führung immer mit Selbstführung beginnt

Vor einem halben Jahrzehnt habe ich eine Loseblattsammlung veröffentlicht, die relativ gut angenommen wurde und nun diesen weiß-roten Spiegel-Bestseller-Aufkleber trägt: „Mit dem Elefant durch die Wand – Wie wir unser Unterbewusstsein auf Erfolgskurs bringen“. Der Elefant steht dabei als Metapher für unser Unterbewusstsein – ein Buch für mehr Motivation, Begeisterung, Antrieb und Vollgas. Höher. Schneller. Weiter.

Heute frage ich mich: „Lag ich falsch?“ Denn immer mehr sehe ich um mich herum – und habe es auch am eigenen Leib erfahren –, dass es vor lauter Motivation, Begeisterung und Antrieb für viele immer mehr heißt: „Mit dem Elefant gegen die Wand – Warum mache ich das hier eigentlich alles?“

Und so möchte ich eine neue Frage in den Raum stellen. Sollte das Ziel oft nicht vielmehr lauten:

„Mit dem Elefant an den Strand!“

Mehr Meditation statt Motivation. Mehr Klarheit statt Antrieb. Mehr Glück statt Geld. Statt höher, schneller, weiter einfach mal tiefer, ruhiger, ehrlicher.

Gerade diejenigen, die „schon alles erreicht haben“, – und wenn Sie das hier lesen, gehören Sie sehr wahrscheinlich dazu – haben oft verlernt, auch mal langsamer zu machen. Wir nehmen uns vor, bis 40 oder 50 oder 60 Gas zu geben und dann machen wir mal langsamer. Dann legen wir die Füße hoch und genießen unseren Erfolg. Dann liegen wir in der Hängematte am Strand und schlürfen Mojitos und Bananen-Shakes … Dann … in der Zukunft einmal.

Aber können wir das überhaupt noch, wenn es einmal so weit ist? Oder ist unser Unterbewusstsein bis dahin schon so auf Action getrimmt, dass es unruhig wird und direkt mit den Hufen scharrt, wenn wir mal wirklich vier Wochen nichts tun? Können wir dann noch langsam machen? Oder hat unser Unterbewusstsein einfach so viel Antrieb, Begeisterung und Motivation gelernt und trainiert, dass wir immer wieder in die eigene Falle laufen, uns voller Begeisterung neue Projekte aufhalsen und uns am Ende des Jahres, Jahr für Jahr, ganz überrascht fragen, warum es dieses Jahr wieder so viel war?

Deshalb möchte ich in diesem Artikel einladen, eine neue Frage zu stellen: Gilt für den High Performer des 21. Jahrhunderts statt „höher, schneller, weiter“ vielleicht „tiefer, klarer, glücklicher“? Und wenn ja – wie kommen wir da hin?

Hier nur ein paar Gedanken von einem, der selbst jahrelang diesem verzerrten Erfolgsbegriff hinterhergejagt ist und weiß, dass „einfach mal nichts tun“ gar nicht so einfach ist, wenn der eigene Elefant mit 500 PS schon im 7. Gang auf der linken Spur der Lebensautobahn zu Hause ist.

Der Paradigmenwechsel als erster Schritt

Statt nun einfach ein Füllhorn von Techniken wie Meditation, Dankbarkeitstagebücher oder die Warum-Frage in den Raum zu werfen, möchte ich gern mit Ihnen zunächst einen Schritt zurück und eine Metaebene höher gehen und einen Paradigmenwechsel vorschlagen, ohne den die andere große Veränderung im Leben und auf der täglichen Handlungsebene gar nicht nachhaltig möglich ist.

Denn solange die Größe, an der wir Erfolg bemessen, Wirtschaftlichkeit – oder nennen wir das Kind beim Namen: Geld – ist, wird eine rational verstandene und für sinnvoll erachtete Veränderung nie nachhaltig passieren. Da läuft der Elefant einfach noch zu gut trainiert in die andere Richtung. Wir müssen Geld deswegen nicht als „unwichtig“ abtun. Für die meisten von uns wäre das schlichtweg unehrlich, Geld ist definitiv eine angenehme Sache und macht vieles im Leben leichter. Ich glaube jedoch, wir betrachten „Reichtum“ immer noch ein bisschen zu sehr durch die Brille des Geldes.

Vielleicht ist Reichtum im 21. Jahrhundert in unserer Gesellschaft (und besonders bei den Lesern dieses Artikels), wo wirtschaftliche Stabilität und Fülle in einem nie zuvor dagewesenen Maße angekommen sind, inzwischen nur noch teilweise mit Geld verbunden. Geht es nicht vielleicht weniger um „absoluten“ Reichtum und mehr um „relativen“ Reichtum? Nämlich um die Verbindung von Geld und den Fragen: Wie viel freie Zeit habe ich zur Verfügung, um diesen Reichtum auch zu genießen? Welche Qualität von Zeit erlebe ich? Was möchte ich mit der Zeit, die mir bleibt, tun?

Das sind wertvolle Fragen, die einen Nachmittag der Meditation, des Tagebuchschreibens und eines guten Glas Tees oder Whiskeys definitiv wert sind.

Was bedeutet das nun für Sie?

„Wann kommt nun der 7-Schritte-Plan zur Lösung des Problems?“ „Wie nutze ich das Gelesene jetzt, um meine Quartalsziele besser zu erreichen?“

Gar nicht.

Aber ich hoffe, etwas Wichtigeres getan zu haben: Wenn Führung und Management immer mit Selbstführung und -management beginnen, dann sind Sie vielleicht der eine Leser oder die eine Leserin, für den oder die es sich schon gelohnt hat, diesen Artikel zu schreiben. Weil Sie sich irgendwann, heute oder morgen oder wenn Sie selbst nicht damit rechnen, fragen werden: „Was bedeutet denn tiefer, ruhiger, ehrlicher eigentlich für mich?“

Zum Abschluss

Und so schließe ich mit Valerios Worten aus Georg Büchners „Leonce und Lena“:

„Und ich werde Staatsminister, und es wird ein Dekret erlassen, daß, wer sich Schwielen in die Hände schafft, unter Kuratel gestellt wird; daß, wer sich krank arbeitet, kriminalistisch strafbar ist; daß jeder, der sich rühmt, sein Brot im Schweiße seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird; und dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine kommode Religion!“

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