Digital Sales is here to stay

Wie das neue Normal im Vertrieb aussieht

Erinnern Sie sich noch? Frühjahr 2020, der erste Corona-Lockdown. Für viele Unternehmen geht es ums Durchhalten. Ihre Außendienstmitarbeiter hocken geschockt und passiv auf dem heimischen Sofa. Die Kommunikation mit Kunden läuft per E-Mail und Telefon. Trotz eigentlich guter Ausstattung fürs mobile Arbeiten ist man auf die aktive Nutzung von Videokonferenzen im Vertrieb wenig vorbereitet. Gut, Skype for Business ist seit Jahren bekannt, wird aber eher als Tool zur Effizienzsteigerung gesehen. Eine klare Idee, wie man ein Video-Conferencing-Tool in allen Phasen des Sales-Prozesses einsetzt und sich dort professionell präsentiert, gibt es in den wenigsten Unternehmen.

Erst nach und nach setzt sich die Erkenntnis durch, dass die professionelle Durchführung von Live-Online-Meetings mit Kunden erstens zusätzliche Skills erfordert und zweitens echte Chancen bietet, auch für die plötzlich heiß diskutierte Zeit nach Corona. Diese neue Normalität – wie würde sie aussehen?

Heute, im Jahr 2021, ist weitgehend klar: Die neue Normalität kommt auch im Bereich Sales äußerst digital daher. Vertriebstermine finden nicht mehr automatisch persönlich vor Ort statt, sondern immer häufiger virtuell. Solche Live-Online-Treffen sind keineswegs unpersönlich. Man spricht face to face miteinander, weil mittlerweile beide Parteien in der Regel ihre Kameras einschalten. An Emotionalität mangelt es kaum, an Professionalität hoffentlich auch nicht.

Apropos Professionalität, natürlich erfordern die jeweiligen Softwarelösungen neue Skills, die leider in vielen Unternehmen nicht wirklich ausreichend vermittelt wurden. Auch deshalb hadert so mancher Außendienstler noch mit der neuen digitalen Normalität. Dort, wo es beispielsweise im Jahr 2020 spezielle Schulungen für den Vertrieb zum Thema Microsoft Teams gab, waren diese eher rein technischer Natur, durchgeführt von Mitarbeitern aus der IT. Diese sind in den seltensten Fällen didaktisch ausgebildet und nicht unbedingt bekannt dafür, sich gut in die Arbeitsweise des Vertriebs hineindenken zu können.

Schlaue Unternehmen nutzten den Sommer und Herbst 2020, um ihren Vertrieb fit für die Live-Online-Kommunikation zu machen. Trainingsthemen gab es reichlich:
• Wie wechsle ich von einem Telefonat zu einem Online-Meeting, das deutlich mehr Möglichkeiten der Interaktion und der Präsentation von Inhalten liefert?
• Wie stelle ich mich professionell vor der Kamera dar?
• Wie baue ich auch online eine stabile emotionale Beziehung zu meinen Kunden auf?
• Wie unterstütze ich meine Kunden beim Meistern der vielen technischen Herausforderungen (ein nicht zu verachtendes Mittel der Kundenbindung)?

Es zeigt sich allerdings, dass das berühmte Dreieck aus Mindset, Skillset und Toolset auch in diesem Falle greift. Was ist damit gemeint? Um die richtigen Tools zu beherrschen, braucht man die notwendigen Skills. Wer aber Live-Online-Termine mit Kunden für eine Ausnahme im Corona-Lockdown hält und glaubt, bald gehe es wieder im neuen Dienstwagen zum Kundentermin, ist nicht wirklich motiviert, sich auf die Veränderung einzulassen. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

Digital Sales ist also ein echtes Change-Projekt. Die meisten Vertriebsorganisationen in den Unternehmen gleichen demografisch unserer Gesellschaft: Digital Natives sind eindeutig in der Minderheit, Veränderung ist nicht immer erwünscht. 2020 entpuppten sich oftmals gerade die erfahrenen und erfolgreichen Vertriebsmitarbeiter und Key-Account-Manager als Digitalisierungsverweigerer. Doch Verweigerung ist keine Option. Die Digitalisierung des Vertriebs ist nicht aufzuhalten. Streiten lässt sich höchstens über das Umsetzungstempo. Und natürlich sieht die Lösung je nach Branche unterschiedlich aus.

Selbstverständlich wird es den physischen Termin vor Ort beim Kunden auch in Zukunft geben, aber er wird seltener. In der Kaskade der Kommunikationsmittel bedeutet er den höchsten Aufwand. Für ein Erstgespräch wird man diesen kaum betreiben wollen. Auch der Quartalsbesuch zur Bestandskundenbetreuung funktioniert genauso gut online. Produktvorführungen können ebenfalls in weiten Teilen virtuell erfolgen. Viele Unternehmen haben hier durch den Ausfall der Messen im letzten Jahr neue innovative Wege beschritten. Wer einmal Lösungen für eine komplett digitale Produktpräsentation geschaffen hat, wird diese Kompetenz weiter nutzen.

Insofern gilt es spätestens jetzt, im Jahr 2022, das Thema Digital Sales zu einem strategischen Projekt zu machen und mit maximalem Tempo umzusetzen. Wer das tut, wird feststellen: Die Digitalisierung bzw. Virtualisierung des kompletten Vertriebsprozesses birgt riesige Potenziale. Dabei kommt es darauf an, nicht nur moderne Softwarelösungen anzuschaffen und neue Prozesse zu definieren und zu implementieren. Es ist auch wichtig, die eigenen Vertriebsmitarbeiter mental mitzunehmen und fit zu machen für die schöne neue Welt der digitalen Live-Online-Kommunikation im Vertrieb.

Übrigens: Manchmal zeigen sich große Veränderungen in den kleinen Dingen. Inzwischen gibt es tatsächlich Headsets, die deutlich über 1.000 Euro kosten und individuell gestaltbar sind. Das wäre doch ein tolles zeitgemäßes Statussymbol für den Außendienst, mit dem man beim nächsten Live-Online-Termin protzen könnte. Ein fetter Dienstwagen ist ja so 2019.

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