Persönlichkeitsforschung trifft Recruiting und Organisationsentwicklung

Drei Dinge, die Du als Führungskraft unbedingt wissen musst, um starke Teams und Organisationen zu entwickeln.

Es gibt 5 wissenschaftlich gründlichst erforschte und weltweit, in tausenden Studien validierte Persönlichkeitsausprägungen – mit jeweils zwei Unterkategorien:

O – ffenheit – Das Bedürfnis nach intensivem Erleben und Abwechslung, im Außen (Ästhetik, starke Sinneseindrücke, Kreativität) und im Innen (intellektuelle Stimulation, komplexe Systeme verstehen, verbaler Austausch, verknüpfen von Ideen, Neues lernen).

C – oncientiousness (Gewissenhaftigkeit) – bestehend aus Fleiss (ausdauerndes zielgerichtetes Arbeiten) und Ordnung (Prozesstreue und Zuverlässigkeit).

E – xtraversion = Enthusiasmus (Begeisterungsfähigkeit) und Dominanz (Bedürfnis sich durchzusetzen und zu führen, sowie das Bedürfnis nach hohem sozialem Status).

A – greeableness (Verträglichkeit) = Empathie (das Bedürfnis, dass es dem anderen gut geht und alle sich liebhaben) und Höflichkeit (soziale Regeltreue &-Verantwortung).

N – eurotizismus = Volatilität (Wut) und Rückzug (Angst), beschreibt die Tendenz, schnell in negative Gefühle zu gehen und dort länger zu verharren.

Zusammengefasst werden diese zehn Ausprägungen als das sogenannte „Deep O.C.E.A.N. Modell.“

Diese zehn Ausprägungen hat jeder von uns. Und dabei gibt es kein JA oder NEIN, sondern eher ein „Ganz viel“, oder „Ganz wenig“ oder „irgendwo dazwischen“.

Jeder Mensch kann eine beliebige Kombination unterschiedlicher Ausprägungen haben, die er/sie seit dem fünften Lebensjahr, (größtenteils) fest in seiner/ihrer Gehirnstruktur verankert, mit sich trägt.

Als Unternehmende und Führungskräftige vergessen wir das leider nur zu oft, schließen von uns auf andere, und fragen uns öfter als es uns lieb ist: „Wieso ist der/die andere denn bitte so?“ Drei Dinge, die wir aus der wissenschaftlichen Betrachtung menschlicher Persönlichkeitsunterschiede für den Faktor „Mensch“ im Unternehmen lernen können:

1. Die Anderen sind anders.

Damit das Einbeziehen des Persönlichkeitsmodells von Mitarbeitenden helfen kann, stärkere Teams und produktivere Organisationen zu entwickeln, musst Du Dich als Führungskraft von dem Gedanken verabschieden, dass Menschen so sein müssen und die Welt so wahrnehmen wie du. Aber andere Menschen haben sehr unterschiedliche Stärken und Perspektiven auf die Welt. Zum Glück!

Wenn Dein Herz stark an einem bestimmten Kandidaten hängt, weil er Dich an dich selbst erinnert, oder Du ihn im Gegenteil ablehnst, weil er so anders ist, muss der Alarm losgehen. Dieser „naive Realismus“, dass nämlich die Dinge im Wesentlichen so sind, wie sie uns selbst erscheinen, ist nach meiner Erfahrung gerade in kleinen und mittleren Unternehmen einer der häufigsten Gründe für personelle Fehlentscheidungen.

2. Der/die ideale Kandidat:in – aber für was eigentlich?

Darüber könnte man ein eigenes Buch schreiben, aber hier schon mal zwei der wichtigsten Erkenntnisse vorab:

Führungspositionen sind komplexe Tätigkeiten, deren Anforderungen sich ständig ändern. Sie erfordern deshalb ein hohes Maß an allgemeinen kognitiven Fähigkeiten (IQ). Darüber hinaus ist aber entscheidend, wie der Mensch diese Fähigkeiten entsprechend seines Persönlichkeitsmodels einsetzt. Wie nimmt er die Welt wahr? Wie reagiert er auf Herausforderungen oder auf Routine? Welche Reaktionsmöglichkeiten gibt ihm seine Persönlichkeit überhaupt? Greift er an oder zieht er sich zurück? Versucht er zu bewahren oder hat er Spaß daran, neue Lösungen zu finden?

Ob ein Kandidat ein guter Fit ist hängt davon ab, ob seine Persönlichkeit ihm erlaubt, angemessen und effizient auf die Anforderungen der Position – oder der Rolle im Team – zu reagieren.

Für kreative/unternehmerische Berufe und Positionen brauchst Du Leute, mit hoher Ausprägung der Persönlichkeitsmerkmale „Offenheit“ und „Extraversion“. Neue, kreative Lösungen. Outside the Box Thinking. Innovation. Motivation und Begeisterung, um die anderen mitzureißen und voranzugehen.

Für Management- und Verwaltungsjobs solltest Du allerdings jemanden bevorzugen, der eine hohe Ausprägung in „Gewissenhaftigkeit“ hat (eher mittel ausgeprägt in „Offenheit“ ) und so auf vorgegebener Spur effizient arbeiten kann. Ein zu hohes Bedürfnis nach „neuen Möglichkeiten“ und „kreativen Lösungen“ ist hier nicht dienlich.

Du kannst weiter differenzieren: Wieviel „Dominanz“ sollte der gewissenhafte Mensch zusätzlich haben? Hat er das richtige Maß an „Empathie“, um (s)ein Team leiten zu können und ausreichend wenig, um nicht nur „allen alles recht machen zu wollen“ und genug „Enthusiasmus“, um es zu begeistern und motivieren zu können?

3. Echte Diversität entsteht durch unterschiedliche Persönlichkeiten.

„Diversität“ ist für manche zum kategorischen Imperativ, für andere zum Unwort des Jahres geworden. Egal auf welcher Seite des Spektrums man steht, ich finde: Diversität wird zu einfach gedacht.

Echte Diversität – also Heterogenität einer Gruppe – bedeutet in den meisten Fällen einen massiven Mehrwert. Aber Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Herkunft und Alter sind nicht die einzigen – und noch nicht mal die wichtigsten Faktoren.

Stell Dir eine, in all diesen Bereichen buntgemischte, Truppe vor. Alle sind extrovertiert, kreativ, chaotisch und emotional stabil. Erstens sind sie gar nicht „divers“. Sie sehen nur so aus! Und zweitens würde ich mir, zur Zukunftssicherung, dringend jemand ängstliches, regeltreues, und gewissenhaftes herbeiwünschen. Echte Diversität bedeutet auch Heterogenität der Persönlichkeiten.

So aufreibend es manchmal ist: Die Anderen sind oft anders. Gott sei Dank.

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