Wenn der Enkel seinen Grossvater führt

Führungsarbeit in verschiedenen Generationen ist anspruchsvoll. In Zukunft wird man sich in Führungsworkshops nicht nur damit befassen, wie ältere Führungskräfte befähigt werden, jüngere Mitarbeiter zu führen, sondern auch mit der umgekehrten Fragestellung: Wie können junge Chefs die alten Mitarbeiter so führen, dass deren Wissen der Unternehmung nicht verloren geht?

Diese Führungskonstellation – Jung führt Alt – wird in vielen Betrieben zur Tagesordnung gehören. Die nächste Generationsdekade zu führen oder sogar eine zu überspringen, wird zum Prüfstein für moderne Führungskräfte werden. Generationengerecht führen heisst sich einlassen auf verschiedene Werte, Erfahrungen, Sichtweisen und vieles mehr. Dazu gehört auch Offenheit für alternative, eventuell sogar alte Vorgehensweisen. Und gleichzeitig sind Sie als Führungskraft eingebunden und wollen bzw. müssen Ziele und Resultate erreichen. Ist das nicht ein Widerspruch? Zum Beispiel einerseits Empathie zeigen für die andere Generation und andererseits die zur Erreichung der Geschäftsziele nötigen Massnahmen initiieren, durchzusetzen und kontrollieren?

Nein. Im Führungsprozess braucht es Empathie, klare Zielsetzungen und Durchsetzungskraft. Wenn nur eines dieser Kernelemente fehlt, verlieren Sie Führungspower.

Empathie:

Hier geht es nicht um die Bejahung eines Umstandes, sondern nur um das Einfühlen in die Situation. Wenn eine Massnahme einem Mitarbeiter nicht sinnvoll erscheint, versuchen Sie – bevor Sie Ihre Argumente wiederholen – zu verstehen, wie er zu dieser Meinung kommt. Damit wird er sich ernst genommen fühlen, und das ist schon der erste Schritt dahin, dass er sich auch für andere Argumente öffnet.

Lassen Sie die Tabelle (aus dem Buch «Persönlich. Erfolgreich. Führen», 2019) auf sich wirken:

Ob «Prägende Erlebnisse» oder «Wichtigster Wert» – die Unterschiede von den Babyboomern bis zur Generation Z sind enorm. Der Generation Z bedarf es doch einigen Einfühlungsvermögens, um die Babyboomer zu verstehen.

Klare Zielsetzungen:

Ziele vereinbaren, Mitarbeiter für die Ziele «heiss» machen. Das ist einfacher geschrieben als getan. Ich weiss das aus eigener Erfahrung. Trotzdem lohnt es sich, in den Zielentwicklungsprozess Energie zu investieren. Unabhängig von der Generation: Wer klare Ziele verinnerlicht hat, sie versteht und motiviert ist, setzt zusätzliche Energie für die Zielerreichung frei.

Durchsetzungskraft:

Führen heisst entscheiden und dranbleiben. Mutig den Weg gehen – Vorbild sein. Auf Abweichungen reagieren, sei es durch Lob und Anerkennung oder als korrigierende Führungskraft. Wer bei Zielabweichungen nicht reagiert, verliert direkt Führungspower.

Wie werden die Alten erfolgreich geführt?

Wenn mich eine junge Führungskraft fragen würde, was ich als klassischer Babyboomer von einer jungen Führungskraft erwarte – dann nenne ich sechs Wünsche!

  1. Wertschätzung
    Beispiel: Meine Arbeitserfahrung wird geschätzt. Das bedeutet nicht, dass ich veränderungsresistent bin.
  2. Respekt vor dem gelebten Leben
    Beispiel: Die Führungskraft lässt Raum für eine gewisse Altersweisheit. Das bedeutet nicht, dass ich der Auffassung bin, früher war alles besser.
  3. Der Generation angepasste Motivation
    Beispiel: Ich will nicht mehr verdienen und bin nicht (mehr) karrieregeil. Das bedeutet nur, dass ich eine sinnvolle Aufgabe gestellt bekommen möchte.
  4. Exzellentes Fachwissen
    Beispiel: Die Führungskraft ist ihrem Alter und ihrer Erfahrung entsprechend bereits ein Experte. Das bedeutet nicht, dass sie alles besser wissen muss.
  5. Motivierender und positiver Umgang mit Mitarbeitern
    Beispiel: Die Führungskraft ist höflich und ein guter Zuhörer mit ausgeprägter Menschenkompetenz. Das bedeutet, ich wünsche mir gute (Sie hören den Babyboomer!) Umgangsformen.
  6. Hohe Resultat-Orientiertheit
    Beispiel: Der Weg ist nicht immer entscheidend – das Resultat zählt. Das bedeutet, dass ich eine Aufgabe zwar nicht völlig hyperaktiv angehe, aber dafür fähig bin, trotzdem zeitgerecht ein qualitativ sehr gutes Ergebnis zu erzielen.

Was erhält der junge Chef zurück?

Wer mich begreift und versteht, der bekommt von mir fast alles, und ich habe einiges zu bieten! Eventuell bin ich nicht mehr der Schnellste, aber ich kenne als alter Fuchs bereits die Abkürzungen. Ob die Sonne scheint oder ob es regnet und stürmt – auf alte Schlachtschiffe ist verlass, sie bleiben auf Kurs. Und noch was: Unterschätzen Sie mich als Babyboomer nicht! Auch wenn ich mit Winnetou und der Faller-Autorennbahn gross geworden bin, habe ich vor knapp einem Jahr meine kleinen Goldreserven im Safe meiner Bank gegen Bitcoin eingetauscht!

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